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Großer Speikkogel (2140m)

Koralpe

Tour: Hipfelhütte - Koralpenhaus - Großer Speikkogel (2140m) - Seespitz (2066m) - KGW - Grillitschhütte - Pomswasserfall - Hipfelhütte

 

10 rote Hosen“, zählte ich an diesem Samstag, dem 11.Oktober 2003, als wir die ersten Schritte von der Hipfelhütte hinauf zur Koralpe (2140m) gingen. Es war kein Parteiausflug, sondern die 19.Tour des heurigen Wanderprogramms. 17 St.Jakober Naturfreunde ließen sich trotz fehlender Verantwortung zu dieser östlichsten Wanderung in Kärnten bemühen, und das schöne Wetter und die gute Stimmung taten ein Übriges.
Ausgangspunkte der heutigen Wanderung waren Rosenbach, St.Jakob, Villach, Wernberg, Pirk, Rosegg und Graz. Nach 1-2 stündiger Autofahrt trafen wir uns schließlich doch noch beim Parkplatz vor der Hipfelhütte. Dabei waren Hansi, Ruth, Monika, Heinz, Sigrid, Mary, Franzi, Gerda, Gerhard, Hansi G., Peter K., Walter W., Peter, Thomas, Anna-Christine, Christine und nochmals Christine. Nicht dabei waren ... Während die 2½ Steirer von Graz anreisten, kam der Rest vom Matschnig. Franzi überraschte Mary mit einem „Gipfelhonig“ – als Danke für die vielen „Gipfelstamperl“, die Mary uns allen immer spendet. Eine wunderschöne, menschliche Geste von beiden, die das Engagement innerhalb der Gruppe charakterisiert und das Mitgehen in dieser Wandergruppe so angenehm macht. Ein Danke an dieser Stelle an Mary und Franzi für Euer Mitdenken!
Um 8:53 Uhr ging es los. Zumindest offiziell. Über das Koralpenhaus, welche eine der ältesten Hütten der Ostalpen (errichtet 1874) ist, wanderten wir hinauf zur Sendeanlage des ORF auf dem Steinschneider Nebengipfel und dann weiter zu den militärischen und zivilen Anlagen der Luftraumüberwachung. Da irgendwie zuviel Asphalt im Weg lag, suchten wir eine Alternative am Kamm. Und so passierte, was halt nach einer kleinen Trinkpause passieren musste: ein Steinhaufen lag uns im Weg. Alternativ fanden wir (="ich)" den Weg nicht, und so gab es die ersten leichten Klettereinlagen auf dem Grashügel namens Koralpe. Was machte ich auch vorne! Eigentlich sollte ich ja heute hinten gehen, denn Walter fehlte. Diagnose: Probleme mit dem Fuß. Zumindest offiziell. So machten wieder Gerüchte ihre Runden. „Wenn da Walter nochmols mit uns mitgehn möcht, braucht er a Training. Und a Vortraining noch dazu.“ So geht’s, wenn einem die Verantwortung abhanden kommt.
Wir erreichten das Gipfelkreuz. Auf der einen Seite lag Kärnten, auf der anderen Seite die Steiermark. Das Kreuz symbolisiert die Grenze zwischen zwei Bundesländer, und trotzdem entstand in all den Wanderjahren so eine nette kleine steirisch-kärntnerische Wanderfreundschaft. Zumindest in der kleinen Naturfreunde Ortsgruppe St.Jakob i.Rosental. Das Kreuz hat schon viel mitgemacht, so wie es aussah. „Nur die Kärntner hobn an Blitzobleiter“, bemerkte Anna-Christine sofort. Wir wussten was gemeint war, aber die wenigen fremden steirischen Wanderer am Gipfel verstanden dies etwas falsch. Peter ging auf Motivjagd mit seiner Kamera, und ich schloss mich ihm an. Er hat schon ein sehr gutes Auge für gute Photos. „Moch uns schön schorf“, meinte Anna-Christine zu Peter, als dieser wieder einmal abdrückte. Hoppala. Einigen Steirern wurde es nun doch etwas zu mehrdeutig, und so gingen sie wieder zurück nach Deutschland-sberg. Wir jausneten, tranken, quatschen, lachten, usw. „Dos Jausnen gfallt ma eh nit. Oba wenn olle jausnen, donn tua ma holt a mit“, bemerkte Franzi.
Wir konnten uns solche Sprüche heute leisten, denn die Verantwortung war ja nicht mit. Keiner wusste, ob es wirklich die Archielessehne oder das Überbein oder doch die Hausmauer war. Offiziell war halt der Fuß schuld, denn Hansi G. liebevoll mit „Gichtbriegel“ umschrieb. Aber das ist halt so ein Kreuz mit der Gesundheit. Wenn man mal einige Wehwehchen hat, dann kriegt man sie so schnell nicht mehr los. Jeder von uns kennt das. Doch was hat das für eine Bedeutung für die Gruppe? Können wir überhaupt ohne die Verantwortung uns in den Kärntner Bergen zurecht finden? Seitdem der Ernstl nur mehr arbeitet selten mit uns mitgeht, laufen wir vorne sowieso planlos umher. Dann kann es schon mal passieren, dass wir den Weg nicht finden, über Wiesen umher irren oder ein GPS Gerät brauchen. Hinten fehlen mir noch Welten, um jene Routine, Logistik und Übersicht zu bewahren, die unser Walter in all den Jahren fleißig geübt hat. Hansi kann sich zwischen 3 Positionen auch nicht zerreißen, und so stellt sich ernsthaft die Frage, ob wir überhaupt ohne Verantwortung bestehen können. Gott sei Dank war Walter heute nicht dabei. Wenn der wüsste...
Gut. Wir brauchen ihn. Ob mit oder ohne Fuß, ohne ihn geht’s holt nit so guat. Noch immer saßen wir am Gipfel. Ich blickte umher, und sah dort einen kleinen Buben stehen. Kindheitserinnerungen wurden wach. Damals in den 70er Jahren war ich mit meinen Eltern öfters auf der Koralpe, wo ich als kleiner Bub herum spielte und in meiner kindlichen Langeweile die Zeit totschlug. Damals hatte ich keine Beziehung zu den Bergen, war auch nicht mit der nötigen Begeisterung unterwegs. Heute bin ich froh darüber, denn wahrscheinlich hat das Vorausdenken meiner Eltern in meinen jungen Jahren die Voraussetzung für die heutige Beweglichkeit und Bereitschaft zum Wandern in den Bergen geschaffen. Leider kann ich mich an Details dieser Zeit nicht mehr so genau erinnern. Mir fiel nur ein, dass damals immer wieder das Bundesheer auf der Koralpe zu sehen war. Doch am heutigen Samstag war davon weit und breit nichts zu sehen (oder sie waren besonders gut getarnt bzw. versteckt).
Wir ließen den Großen Speikkogel hinter uns, querten verantwortungsbewusst ein paar herumliegende Schneereste und gingen noch kurz zum Seespitz hinauf. Ein zweites Gruppenphoto war die Folge. Peter übernahm die Regie, und so mussten einige noch ins Bild gerückt werden. Peter K. stand im Abseits, Christine E. im Hintergrund und Anna-Christine konnte kaum mehr den „Gipfelstein“ halten. So schwer war er ihr geworden, ehe Peter mit allen Kameras und Zoom-Einstellungen alle Photos gemacht hatte. Und während wir in die Kameralinse posierten, standen hinter uns die Luftraumüberwachungsgebäude mit ihren großen kugeln wie kleine Marsmenschen Pate. Peter und Gerhard suchten den Weg, ehe irgend jemanden von uns der Geruch des Speik auffiel. Stank es wirklich so?
Der Speik ist ein Baldriangewächs, das nur in den Ostalpen beheimatet ist und vielen Bergen in den Niederen Tauern, Gurktaler Alpen, Nockbergen, Seetaler Alpen, der Gleinalpe bis hin zur Koralpe seinen Namen gab. Wie z.B. der Große Speikkogel, den wir heute „besuchten“. Bereits seit 2000 Jahren ist diese begehrte Heil- und Duftpflanze bekannt. Schon im antiken Rom und im Orient schätzte man die belebende und zugleich beruhigende Wirkung der Extrakte aus der Wurzel und vor allem das intensive, unvergleichliche Aroma. Man produzierte Speiktee, Seife, Öle, usw. und verkaufte das Öl auch im Orient. Früher war der Speik auch ein Mottenmittel im Wäschekorb der Bauern. Das Handelszentrum war Judenburg bzw. die kleinste Stadt Österreichs namens Oberwölz, wo es auch heute noch ein Speikmuseum gibt. In der Volksmedizin galt der Speik lange als fiebersenkendes, krampflösendes, herzstärkendes und verdauungsregulierendes Mittel. Kein Wunder, dass diese "Wunderpflanze" vom Aussterben bedroht war und daher 1936 unter Naturschutz gestellt wurde. Der Handel mit dem Speik brach zusammen, und die Bauern verloren eine Nebenerwerbsquelle. Mittlerweile dürfen einige Bauern in den Nockbergen mit Sondergenehmigungen wieder kontrolliert den Speik sammeln. (Ein Danke der Redaktion für die Recherche.)
Wir gingen weiter. Kaum einer bemerkte es, dass wir jetzt ein Stück des KGW gingen. Hinter den 3 Buchstaben versteckt sich der Kärntner Grenzweg, von dem unsere Verantwortung noch immer so gerne träumt. Nur sein Fuß bekommt Alpträume, wenn er die 3 Buchstaben hört. Als Peter mal vom Weg abwich und Walter W. sich mit ihm den Weiterweg anschauen wollte, gingen ihnen alle nach. Wir verließen so den KGW, und gingen einfach quer über die Wiese hinab. Plötzlich gab es Diskussionen über den Weiterweg. Franzi wollte nicht runter und nochmals rauf, um dann wieder runter und wieder rauf gehen zu müssen. Andere wollten zur Grillitschhütte, weil diese im Programm stand. Ich stand hinten, verstand nicht um was es vorne ging, und fühlte mich wie zu Hause. „Dirndle, i hob gnuag“, meinte Franzi etwas verärgert und ging seinen Weg zurück zu den Autos. Der Rest kehrte zur nahen Grillitschhütte ein, entweder um ein Bier oder einen Apfelsaft zu trinken, eine Kürbiscremesuppe zu genießen, seine Jause zu verkleinern, einen Modellbauflieger Tipp zu erhalten oder ein kurzes Schläfchen in der Herbstsonne zu machen. Für jeden war etwas dabei. Während mir die Sonne aufs Hirn brannte und mir ihren roten Stempel aufdrücken wollte, erzählte Peter von Modellflugbau (seinem 13.Hobby) und wie er seinen Hubschrauber zusammenbaut. Mir fielen meine 2½ Hobbys ein, und wie wenig ich Zeit habe.
Beim Zahlen fragte uns der steirische Wirt von wo wir herkommen. „Von St.Jakob im Rosental“, war die eindeutige Antwort. „Wo is den des?“, wollte er wissen. Die Antworten darauf waren dann nicht mehr so eindeutig, und reichten vom Loibl, über Karawankentunnel, Unterkärnten und Rosenbach bis hin zu „durt wo die Brauerei is“. Er hatte es kapiert. Der Wirt natürlich. Und er meinte: „Ah, wo die Bärenbatterie is“. Nachdem auch Hansi zahlen durfte, gingen wir wieder weiter. Ich verwechselte wieder vorne mit hinten, redete mit Mary & Co. und vernahm plötzlich von hinten: „Da Thomas hot den Gurt hinten, damit des Orschale nit verlurn geht“. (Zitat Anna-Christine) Sie meinte meinen Bauchgurt beim Rucksack, denn ich mangels fehlenden (Bier-)Bauch nicht brauche und deswegen hinten habe. Während ich den Spruch notierte, fiel ich plötzlich zurück ans hintere Ende. „Wie nimm i ihn denn“, bemerkte Gerda zu Hansi. Ups. So ging ich wieder nach vorne und hörte von Anna-Christine schon wieder: „..., oder de Silikonkissen san verrutscht“. Nah, Prost, Mahlzeit. „Wos is den heit los!“, dachte ich mir, als ich wie ein Ping-Pong Ball zwischen die Menschen wanderte und deren doppeldeutige Gespräche lauschte. Tja, die Verantwortung fehlte an diesem Tag.
Wir steuerten den letzten großen Highlight der heutigen Tour an, nämlich den Pomswasserfall. Während die einen oben warteten, gingen Peter & Co schnell hinunter einige Photos machen. Als alle wieder heroben waren, wurde Walter W. klar, dass wir erst wieder hinunter gehen müssen, denn der Weiterweg führt unten beim Wasserfall vorbei. Mit der Verantwortung im Rücken wäre uns dies nicht passiert. Dann kam der große Auftritt von Peter’s GPS Gerät, als uns eine Abzweigung im Weg stand. Manchmal muss man halt mit Geheimwaffen rausrücken, wenn die Verantwortung fehlt. Und wer weiß was noch so alles Versteckte und Geheime in unseren Rucksäcken mit uns immer mitwandert.
Am Parkplatz wartete schon Franzi. Die Autos wollten auch nach Hause. Von Walter W. und Peter mussten wir uns verabschieden, denn sie bevorzugten heute lieber ein steirisches Abendessen. Wir steuerten den Matschnig an. Hansi rief Walter an, ob er vielleicht doch noch zu einem Achterl Wein vorbeischauen wolle. Aber Walter wusste sich zu helfen. Offiziell hatte er kein Auto zum Kommen. Inoffiziell munkelten wir, dass er Andy mit Absicht zum Wegfahren geschickt hat, um nur ja kein Auto zu haben und sich das Gesäufe ersparen konnte. Kreativ muss man sein. Ich lud alle zu einer Geburtstagsrunde ein. Auch das ist mittlerweile schon Tradition. „Fürn Anfang passt schon. Is ausbaufähig.“ vernahm ich von links, während rechts jemand meinte: „Mir zwa. Wenn noch ana do war, war ma drei.“ Nichts hatte sich geändert. Mit der heutigen Wanderung ging die letzte große Bergtour der Saison zu Ende. Was jetzt noch folgt ist nur mehr die Draufgabe auf eine neuerlich sehr erfolgreiche Wandersaison. Ob mit oder ohne Verantwortung, spätestens im nächsten Jahr werden wir ihn sie wieder brauchen. Berg frei!

(Bericht von Thomas)

Koralpe
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