st-jakob-rosental.naturfreunde.at

Spitzegel (2119m)

Gailtaler Alpen

Tour: Bodenalm (1226m) - Radniger Sattel (1558m) - Möschacher Alm - Obervellacher Alm (1701m) - Spitzegel (2119m) - Obervellacher Alm - Radniger Sattel - Bodenalm

 

Früher schrieb man Sagen, heute schreibt das Leben viele kleine Geschichten. Alltagsgeschichten sozusagen. Beide haben eines gemeinsam: Es steckt immer ein Körnchen Wahrheit drinnen. Wie auch in der heutigen (Wander-)Geschichte über die Naturfreunde St.Jakob i.Rosental, welche uns auf den Spitzegel (2119m) hinauf begleitete. Es wurde eine herbstliche „Konfrontation“ mit der Natur, dem Regen, der Unsicherheit und den naturfreundlichen Charakteren.
Eigentlich wollte ich heute eine weitere Trainingstour als Vorbereitung meiner Kilimanjaro Reise machen, doch da so viele Wanderer ausfielen und Walter Unterstützung brauchte, entschied ich mich fürs Mitgehen mit den Naturfreunden. (Es war die richtige Entscheidung, Anmerkung der Redaktion) So trafen sich Walter, Hansi G, Mary, Peter K, Maria K, Monika, Brunhilde, ich (="Thomas)" und 3 Autos beim Matschnig, um über die Tauernautobahn und Kreuzen nach Weißenbach in die Gailtaler Alpen zu fahren, von wo es in ein namensloses Tal bis zur Bodenalm hinein ging. Unterwegs trafen wir noch Gerda, die am richtigen Platz auf uns wartete. Doch schon auf der Anfahrt verdunkelte sich der Himmel und es begann zu regnen. Wanderabbruch oder Poncho-Tour?
Nachdem die Ponchos adjustiert waren bzw. ein Regenschirm seine Erfüllung fand, ging es zuerst einen Forstweg und später einen Waldweg etwas steiler nach oben. Schon nach kurzer Zeit vertschüssten sich die Regentropfen und so konnte einer passablen Herbstwanderung nichts mehr im Wege stehen. Es kam später die Sonne durch, der Himmel verblaute sich und wir bekamen zumindest unser Spitzegel-Panorama vor die Kameras. Schon im Anstieg wurde Bilanz über das heurige Wanderjahr gezogen. Allen war aufgefallen, dass ich heuer stark nachgelassen hatte und zu oft ausgefallen war. Es war heute erst meine 6.Wanderung mit den Naturfreunden aus St.Jakob in diesem Jahr. Das soll sich im nächsten Jahr wieder ändern. Man merkte übrigens, wie sehr sich manche mit den Kommentaren zurückhielten, um nur nicht im Bericht aufzufallen.
Imma wonn i ma ane onzündn wüll, meint der Sacklpicker: „Sei ma“, und mir gehen weiter“, ärgerte sich Hansi G über seinen Bruder. Hansi G fehlte sein Zwillingsbruder, den wir auf diesem Wege gute Besserung und alles Gute wünschen. Ebenso Werner und all den anderen, die heute nicht dabei sein konnten. Unser steirischer Flügel hatte heute einen Totalausfall, da konnte nicht einmal mehr meine ½ Portion etwas retten. Zwischen der Radniger Alm und der Obervellacher Alm ging es gemütlich und ohne viele Höhenmeter zu machen dahin. Vorne gab Monika den Ton an, dazwischen war Peter K ein bisserl neugierig und hinten kämpfte ich um den Anschluss. Vorbei ging es an herbstlichen Kampferlen mit ihren bräunlichen Gewändern. Die Pausen wurden von Monika mit einem „Alles do?“ eingeleitet und von Walter mit einem „Fohr ma !“ terminiert. Den Funken einer Wahrheit fanden wir lediglich in unseren Brötchen oder Getränken.
Ab der Obervellacher Alm verließen wir die Waldzone und tauchten in die Welt der Latschen ein. Rasch wurde es steiler und steiniger. Maria K ging für mich heute das erste Mal mit (offiziell war es ihre 3. oder 4.Wanderung mit den Naturfreunden, ein Dank der Statistik Abteilung). Es ging ihr an der Seite ihres Mannes Peter K recht gut, und wir hoffen, dass sie noch öfters mit uns mitgehen wird. Brunhilde war auch wieder mit von der Partie und suchte nach dem Selbstvertrauen. Dies deswegen, weil es kurz unter den Gipfel nochmals etwas steiler und felsiger wurde. Sie dachte schon an den Abstieg, ob sie das schaffen würde und grübelte wie sie da wieder runter kommen sollte. Walter redete ihr gut zu („Host a Strickale mit, Thomas?“), nahm ihr die Wanderstöcke ab und begleitete sie hinauf zum Gipfel. Im nachhinein eigentlich nicht so schwer, denn beim Abstieg ging es ihr schon besser. Es zeigte sich einmal mehr und mehr, dass es viel besser ist nur Schritt für Schritt zu schauen und zu gehen. In einer Gruppe kann man sich auch auf die Hilfe anderer verlassen, und man gewinnt mit jeder Bergtour und jeder schwierigeren Stelle mehr und mehr Vertrauen in sich selbst, in den Fels und meistert Situationen, die einem Kraft und Mut geben können. Auch fürs alltägliche Leben. Ich habe wie viele andere auch so angefangen, und dabei viel fürs Leben gelernt. Aber das ist eine andere Geschichte.
Hurra! Wir waren am Gipfel des 2119m hohen Spitzegel. Es folgten Stempeleinträge in unsere Gipfelbücher, ein „Familienphoto“ für den Diaabend, keine brauchbare Fernsicht ins Gailtal, ein Hauch von Kälte über unsere verschwitzten TShirts, und ein paar Telefonate zum 50er (Alles Gute Inge!) bzw. zur Genesung. Danach drängte sich der Abstieg auf, und Monika gefiel es überhaupt nicht schon wieder vorne gehen zu müssen. „Houston St.Jakob – wir haben ein Problem“, dämmerte es in meinem Kopf. Seitdem Ernstl keine Zeit mehr hat, will keiner mehr vorne gehen. Diese Funktion ist eine Undankbare, denn man geht mehr allein, muss immer den Weg suchen, weiß oft nicht ob das Tempo passt, kann selten mitlachen, manchmal wartet man in der Kälte, geht den einen zu schnell und den anderen zu langsam, kann eigentlich nur verlieren und erfährt meist erst im nachhinein, was in der Wanderung alles passierte. Bisher haben wir keinen Nachfolger gefunden. Niemand drängte sich auf. Alle wollen nur Verantwortung übernehmen und hinten gehen. Dabei suchen wir ständig kompetente Wanderer. Was passiert eigentlich im Tierreich? Dort gibt es oft ein Alpha-Tierchen, welches diese Funktion übernimmt. Aber das ist auch eine andere Geschichte.
Im Abstieg wurde es wieder ruhiger, und ich bilanzierte über das Naturfreunde Wanderjahr. Eigentlich hat alles gut angefangen, mit der Comeback-Tour unserer Schneeschuhwanderung auf der Turracherhöhe. Ein Highlight wurde die Karstwanderung unten beim Triester Meer, die die Rekordanzahl an Teilnehmer (50 plus) einbrachte. Zurück in unserer kleinen Welt ging es dann rund um Maria Elend, ehe ein Todesfall meine Pause einleitete. Inzwischen wurde die Einkehr auf der Gerlitzen und der traditionelle Vierbergelauf gefeiert. Eine lange Tour wurde die Wanderung auf die Topitza, die das Bild der roten Hosen wieder etwas zurecht rückte. Botanisch gingen dann ein paar Wenige in die Schütt, ehe der Regen beim Jof die Somdogna, dem Mittagskogel und der Vollmondwanderung das Wanderprogramm boykotierte. Früher als sonst und teurer als geplant ging es dann wieder mit mir auf das Dach des heurigen Jahres, dem Keeskopf (3081m). Eine der schönsten Touren wurde dann die 2-Tages-Wanderung in die Karnischen Alpen (Avanza und Peralba), den wir mit Marys 50.Geburtstag lustig ausklingen ließen. Die Calvi Hütte zählt übrigens zu meinen Lieblingshütten. Nach dem Almkirchtag verregnete sich die Steiermark-Tour, ehe Anfang September eine anstrengende 3-Tages Tour in den Julischen Alpen Sloweniens bei sehr schönem Wetter einen weiteren Höhepunkt darstellte. Und nach dem Freundschaftstreffen auf der Golica und einer Ersatztour in den Karawanken leitete die heutige Spitzegel Wanderung den Wanderausklang ein. Eine Nockberge Tour soll noch folgen.
Jo, da Peter konn beim Gehn noch telefonieren. Fohr ma!“, meinte Walter und holte mich aus meinem Resümee zurück. Inzwischen merkte Mary an, dass uns der Gerhard fehlte. Mit seiner lustigen Art ist halt jede Wanderung mit ihm auch eine Bereicherung für die Lachmuskeln. Ich merkte an, dass uns auch andere fehlten, und dabei dachte ich auch an den Gipfelschnaps. Den Aufstiegsweg ging es wieder bergab, nicht ohne vorher auf der Möschacher Alm eine Pause eingelegt zu haben. Gerda hatte eine anstrengende Woche hinter sich und musste auf der Bank liegend Energie in sich fließen lassen. Heute kam sie mit Walter ab und zu mal in die verbale Konfrontation. Vielleicht weil beide etwas provokant ihre Meinungen vertraten. Wir alle nahmen es mit Humor, den wir unten auf der Bodenalm Hütte schließlich auch vorfanden.
Am Nebentisch saß ein älteres Pärchen. „Wer tuat denn eink des Gipfelbussi geben?“, meinte die rüstige Oma zu uns. „Mir hobn lieba an Gipfelschnops“, bekam sie als Antwort und alle schauten zu Mary. Der Opa neben ihr drehte den Gehörapparat auf ab. „Is jo worm. Is jo Summa.”, meinte Monika zu uns, die als einzige mit einem TShirt am Tisch saß. Sie konnte stolz sein, denn sie war heuer die Einzige, die alle Wanderungen der Naturfreunde St.Jakob absolvierte. (Gratulation!, Anmerkung der Redaktion) Da können andere sich ein Beispiel nehmen, besonders ich. Thomas lud übrigens zur obligatorischen Geburtstagsrunde ein, die Walter mit einem „Spinnst?“ kommentierte. Gerda wollte ebenso einladen wie Mary, und so hätten wir heute wahrscheinlich 4 Runden Schnaps trinken können. Aber es reichten schon 2 hochprozentige Runden, damit Walter von seinem Bruder Hansi G gleich das Mitfahrgeld einkassierte, obwohl dieser selbst Autofahrer war. Dies war übrigens eine Premiere, denn Hansi G denkt eigentlich sonst immer an die „Zeit nach der Wanderung“ (= beim Matschnig) und fährt lieber bei anderen mit.
Auf der Heimfahrt analysierten wir noch kurz etwas Historisches. Das Tal nördlich von Golz und Spitzegel war einst die Heimat der Glasbläser aus Tscherniheim. Die Glasmacher wohnten abgeschieden von der Außenwelt hinter den Bergen, zusammengepfercht in ihren Holzhütten, aus denen viele unterernährte Kinder purzelten. Was schwach war, starb weg und wurde weit weg vergraben. Wer stärker war, arbeitete schließlich als Glasbläser, was vor allem die Lungen schädigte. Durch die Hitze war man durstig, dies „bekämpfte“ man mit Alkohol, und bekam dadurch Leberschäden. Die Waldglasbläser gab es bis ins 19.Jahrhundert hinein, und so stand die letzte Glashütte Kärntens in Tscherniheim (Gemeinde Stockenboi). Es war also eine harte Zeit. Damals, als man sich Sagen und Geschichten erzählte, und die Wahrheit im täglichen Überleben fand.
Wir fanden uns wieder beim Matschnig, und erzählten uns bei Getränken und Pizzaecken Geschichten aus unserem Wanderleben. Wir philosophierten über Wanderungen von einst, Erlebnissen von heute, und Ideen von morgen. Ein Wanderjahr geht schön langsam zu Ende, dass mussten wir anerkennen. Lustig war’s, da waren wir uns einig. Auch wenn manchmal Ansicht und Meinung aufeinander prallen, in Wahrheit gibt es immer eine kleine Geschichte zum Nachdenken zu erzählen. Und wie wir heute erfahren haben, steckt in jeder kleinen Wandergeschichte ein Körnchen Wahrheit. Berg frei!

(Bericht von Thomas)

Spitzegel
Weitere Informationen

Kontakt

Naturfreunde St.Jakob/Rosental
ANZEIGE
Angebotssuche