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Vierbergelauf 2005

Raum St.Veit

Endlich war es wieder einmal soweit. Der Vierbergelauf 2005 (kurz VBL) stand auf dem Programm! –Ein Weg über 50 Kilometer und etwa 1700 Höhenmeter, eingekreist von 4 Bergen (Magdalensberg (1059m), Ulrichsberg (1022m), Veitsberg (1171m), Laurenziberg (971m)), wartete an diesem zweiten Freitag nach Ostern auf die Tausenden Wanderer und Gläubige im Kärntner Zollfeld. Zumindest am Papier. In der Praxis bedeutete dies körperliche Strapazen, jederzeit einsetzender Regen möglich, Körbe voller Zuckerl für kleine Kinder, eine Nacht ohne Schlaf und verschwitze Bekleidung in der Frühjahrskälte. Und mitten drin waren wir, die Naturfreunde St.Jakob im Rosental. Eine Wandergruppe, die nun schon seit einem Jahrzehnt an dieser Wahlfahrt voller Begeisterung und Freude jedes Jahr teilnimmt.
Doch heuer staunte die Verantwortung nicht schlecht. Hansi traf sich alleine am Villacher Hauptbahnhof. Als ich alleine in Föderlach zustieg, verdoppelte ich die Anzahl der Teilnehmer und Walter und Anita S taten selbiges nochmals in Velden. Das war’s! Mehr St.Jakober Naturfreunde konnten sich heuer nicht überwinden, am Vierbergelauf teilzunehmen. Ein Negativ-Rekord! Nur einmal gab es noch weniger Teilnehmer bei einer offiziell ausgeschriebenen Wanderung der Ortsgruppe. („Familienwanderung“ mit Walter, Mike und Thomas auf den Königstuhl am 1.Juli 2000, Ein Dank der Statistik Abteilung) Gründe gab’s sicherlich viele. Den Regen hatten sie ja schon die ganze Woche für diesen 3-Nagel-Freitag angekündigt. Und wer hat schon Lust bei Kälte, Nässe und Müdigkeit über 4 Berge zu laufen. Da hilft auch die Tradition nicht viel. Sieht man von den 3 Organisatoren ab, war eigentlich Anita S die einzige Interessentin. „4 Leit und 3 Bohnhöfe“, meinte Hansi kopfschüttelnd und dachte an seinen Arbeitgeber. Nachdem in den letzten Jahren im Schnitt 16,3 Naturfreunde am VBL mitmachten, kann es mit der Teilnahmeanzahl in Zukunft nur wieder bergauf gehen. Hoff ma’s!
Nach einem „Dinner for 4“ in der Stamm-Pizzeria in St.Veit und der 50 minütigen Stop-and-Go Auffahrt per Bus zum Parkplatz am Magdalensberg, warteten wir noch im Windschatten der Kirche die Mitternachtsstunde ab. Das Wetter hielt noch, nur es wehte schon die ganze Zeit der heftige Südföhn, der auf den Berggipfel auch noch unangenehm frisch war. Doch wir wussten, dass solange es diesen Föhn gab, sich der Regen nicht getraute sich auf uns herabzulassen und wir eine trockene Wanderung erleben würden. Meine obligatorische Photosession musste ich schon nach kurzer Zeit abbrechen, denn Dunkelheit und Verwacklungsgefahr machten jedes Photo unbrauchbar. Es war kalt, und so spritzten wir die Mitternachtsmesse. Es war eine dieser typischen 3:1 Abstimmungen, die Walter diesmal überhaupt nicht passte. „Wegen eich hob i heit ka Mess!“, meinte er, zog den Reisverschluss seiner Jacke ganz nach oben und sattelte den Rucksack. Um 0:02 Uhr ging’s dann los, und wir (Walter, Hansi, Anita S und Thomas) begannen mit der 15 stündigen Wahlfahrt.
Ohne Probleme und relativ ruhig ging es bergab zum Ghf.Fleißner (461m), wo wir um 2 Uhr nachts unsere erste Pause einlegten. Auffallend war nur, dass ein Bauer heuer sein frisch gesätes Feld abgesperrt hatte und persönlich im Scheinwerferlicht seines Traktors alle VBLer um diese herum leitete. Sonst hörten wir diesmal weniger laute Teenager, die sich wegen eines schulfreien Tages die Strapazen antaten. Irgendwie war es angenehmer und besinnlicher. Zumindest hatte ich das Gefühl. Anita S fühlte sich pudelwohl, sah uns an und meinte: „I wollt schon immer Drillinge hobn!“. Sie gestand uns dies in Anspielung auf unsere 3 roten Hosen, die heute das Naturfreunde Outfit beherrschten. Meine Hose erlebte übrigens beim VBL vor genau 3 Jahren ihre Naturfreunde Premiere, und gehört heute schon zum alten Eisen. Die Zeiten ändern sich!
Es war dunkel und ruhig. Zeit also, um mal ein paar Worte über Anita S zu verlieren. Sie stieß erst voriges Jahr zu uns (VBL 2004), kann im Sommer arbeitsbedingt nicht so oft mitgehen, holt dies aber im Winter bei vielen Schitouren mit einem Veldner Schiverein nach. Konditionell ist sie sehr gut drauf, möchte auch noch einige Klettersteige ausprobieren und freut sich schon auf den nächsten Diaabend unserer Gruppe. Ein Dank dass sie heute mitgegangen ist, denn wer weiß was die Verantwortung sonst aus dieser Wanderung gemacht hätte. Kurzzeitig kam mir auch der Gedanke, ob die heutige Tour eine Lektion für uns sei, ein Neubeginn oder ein Denkanstoß. Oder einfach nur Alltag? Wurscht! Hauptsache der Tradition wurde genüge getan und die Fahne NF Kappe stolzen Hauptes gezeigt.
Weiter ging’s durch die dunkle Nacht. Vor uns lag der Aufstieg zum Ulrichsberg, ein Knackpunkt am VBL. Hier, wo einsetzende Müdigkeit, fehlende Kondition und eiserner Wille aufeinander treffen, steigen mache Teilnehmer aus. Seien es die Schmerzen im Fuß oder die Unfreundlichkeit der Natur (Kälte), immer wieder ist für manche am Ulrichsberg die Pilgerei schon zu Ende. Da ich heuer schon das 6.Mal mitging, war ich mir meiner Stärken bewusst. Doch wie jedes Jahr ist für mich der Abschnitt von Möderndorf über Pörtschach a. Berg hinauf zur Ulrichsbergkirche ein Kampf gegen die Müdigkeit im Körper. Da können die Stunden zwischen 3 und 5 Uhr nachts schon ziemlich lang werden. Es ist eine Herausforderung, eine Belastung ans Durchhaltevermögen, eine Bestandsaufnahme der inneren Kräfte.
Wir gingen so dahin. Ruhig war es um uns. Plötzlich hörten wir eine junge weibliche Stimme im Kärntner Dialekt um uns reden: „Herst Olta, spinnst oba jetzt schon komplett? - Geh weiter saufn mit deine Weiba! - Wos motzt mi denn so gscheit on, Olta!“ Jemand telefonierte gerade mit seinem „Liebsten“, und alle mitwandernden VBLer konnten daran teilnehmen. Wenn’s nicht so amüsant gewesen ist, zeigt es doch die wahren Problem unserer Handy-Gesellschaft von heute. Und das nachts um 2:29 Uhr! Für die Messe in Pörtschach a. Berg (4 Uhr) waren wir zu früh dran, doch einmal will Walter an allen Messen und Andachten teilnehmen, speziell zum Schluss am Laurenziberg (16:30 Uhr), um die wahre Stimmung dieser Wahlfahrt zu genießen. Messen werden übrigens auch in Karnberg (7 Uhr), Zweikirchen (8 Uhr) und Liemberg (11 Uhr) abgehalten. Dazu gibt es Andachten am Magdalensberg, Ulrichsberg, Veitsberg, in Gradenegg und in Sörg, und zum Schluss am Laurenziberg. Früher war es etwas anders, denn unter Joseph II wurden die Bergmessen verboten und man hielt deshalb die Messen in den Kirchen am Fuße der Berge ab. Der Brauch schreibt auch vor, dass Messen nur am Vormittag und Andachten am Nachmittag erlaubt sind.
Trotz Stau erreichten wir schon um ¾ 5 Uhr Früh den Gipfel des Ulrichsberg. Heißen Tee gab es keinen mehr. Nicht einmal warmes Wasser! In dieser Nacht musste mein Osterlamm (="Kuchen)" dran glauben, und es schmeckte sehr gut. Je länger wir saßen, desto kälter wurde es uns und so machten wir uns noch in der anbrechenden Dämmerung auf den Abstieg. Erneut wurde der Weg von einem Besitzer um sein Grundstück umgeleitet, doch die Massen hielten nicht viel davon, kraxelten trotzdem über seinen Zaun oder kehrten verdutzt von der Umleitung zurück. Schließlich gab der Mann auf und fuhr im Dunkeln der Nacht davon. Eine Stunde später erreichten wir Karnberg, wo sich viele VBLer versammelten. Nicht wegen des Kaffees, sondern wegen der 7 Uhr Feldmesse. Bischof Schwarz wurde vertreten, denn dieser Tage waren alle gläubigen Katholiken in ihren Gedanken nicht bei den 4 Bergen Kärntens, sondern beim Papst in Rom. Heute fand sein Begräbnis statt, und Rom glich mit geschätzten 4 Millionen Gläubigen einer belagerten Stadt. Papst Johannes Paul II hatte viel für die Menschen getan, ob im fernen Polen, im Kalten Krieg oder im Fernsehen. Und so wurde der heutige VBL für manche auch ein Gedenkmarsch an diesen Papst.
Wir machten eine Pause und trafen auch Anita T, die mit anderen unterwegs war. Inzwischen hatten wir die Müdigkeit überwunden. Viele Wanderer gingen an uns vorbei. Hansi hatte übrigens seine Unterlagsmatte zu Hause vergessen, und so musste er auf seinem Rucksack Platz nehmen. „De braucht er nur in Afrika, beim Fliesen verlegen oder beim Sünden abbeten (Anmerkung von einem Insider)“, scherzte Walter. Hansi nahm es mit Humor, denn die Jause war ihm wichtiger.
Erneut verpasste Walter die Messe um wenige Minuten, denn es ging kurz vor 7 Uhr weiter nach Zweikirchen. Inzwischen hatte sich die Nacht schlafen gelegt und es regierte fortan nur mehr der Tag. Genauer gesagt der "drei Nogltag". Der Name geht auf den Kreuznagel Christi zurück. Ein anderer Papst (nennen wir ihn Innozenz VI) hatte im Jahre 1353 dem böhmischen Kaiser Karl IV die Reichskleinodien geschenkt. Diese beinhalteten u.a. die Heilige Lanze, in der ein Kreuznagel Christi eingearbeitet war. Und da die Verehrung des hl.Nagels ein bedeutsames Ereignis unter den Katholiken bildete, ließ der Papst daraufhin den 2. Freitag nach Ostern zum Feiertag erklären. Zumindest in den deutschen Ländereien. Warum dies gerade der zweite Freitag wurde, ist nicht ganz geklärt, aber vielleicht deswegen weil der Karfreitag der 1.Nageltag und somit der zweite Freitag nach Ostern der 3.Nageltag sei. Und seit damals gibt’s den Vierbergelauf. (Ein Dank der Geschichte, Anmerkung des Redakteurs)
Auch wenn wir nur zu viert waren, so war es trotzdem lustig. Gerhard konnte übrigens beim Gratis-Bier in St.Leonhard nicht gesichtet werden (trotzdem einen Gruß!). Frisch und munter überholten wir Teilnehmer um Teilnehmer. Walter gab heute meistens das Tempo vor, während Hansi und ich hinten den Abschluss bildeten. Dazwischen konnte sich Anita S aussuchen, ob sie lieber im piano oder forza Stil wandern wollte. „Jetzt kriag i schön longsom Angst vor mir. So guat bin i heit drauf“, meinte Walter. Wo waren die Tage, als ihm der Fuß plagte! Kein Wehwehchen, kein Überbein, kein langsamer Naturfreund weit und breit – da konnte Walter nicht anders. Er musste unter der strengen Obhut von Hansi und mir und unter den unwissenden Augen von Anita S endlich Farbe bekennen. Da halfen keine Ausreden oder Tricks mehr. Ein 3:1 kann manchmal auch heimtückisch sein, aber wenigstens war es ehrlich und transparent. Mit Schwung ging es den Kulm hinauf und dann gleich weiter zur Labe-Station nach Liemberg (725m).
Dort wartete schon die Fridattensuppe auf uns. In einer knapp 1-stündigen Pause wurden Überbeine analysiert, heißes Trinkwasser organisiert, eine alte Bekannte (Christine) getroffen und den engagiert arbeitenden ORF Mitarbeitern beim Filmen zugeschaut. Für kurze Zeit schien sich das Wetter gebessert zu haben, lachten leichte Sonnenstrahlen in unsere Herzen. Es waren Glücks-Momente des Frühlings und der erwachenden Natur. Immer wieder trafen wir Anita T und dies wechselte sich bis zur Abfahrt in St.Veit immer wieder ab. Dann starteten wir in den Anstieg zum Veitsberg (Hügel Nummer 3). Für manche ein endlos langer Anstieg, wo einem schon alles schmerzt. Für Walter sein Lieblingsanstieg, wie er uns unter 8 Augen gestand. Für die Gläubigen symbolisiert das Hinaufsteigen auf einen Berg einen himmelwärts führenden Weg, während das Hinabsteigen den Abstieg zur Hölle darstellt.
Um Punkt 11:00 begannen wir mit der Umrundung der Bergkirche am Veitsberg. 3x mussten wir dies tun, damit wir unsere Sünden abbüßen konnten. Leider konnten wir die Aussicht nach Südwesten (Mittagskogel, Karawanken, Gerlitze) nicht recht genießen, aber wir waren froh, wenigstens keinen Regen zu haben. Ab diesen Zeitpunkt waren wir uns sicher, dass der heutige VBL trocken bleiben wird. Nur mehr Teilnehmer hätte er sich schon verdient. Auch trotz des Papst Begräbnis! Anschließend gab es die obligatorische Pause bei Bier, Würstel und Hausmannskost. Walter durfte sogar neben dem Gipfelkreuz Platz nehmen. Ein seltenes Bild.
Im Laufschritt ging’s bergab. Oder zumindest kam es mir so vor. Der Weg hinunter nach Gradenegg wurde im Eiltempo absolviert. Ich kam hinten kaum nach. Hat sich ein Floh in unsere Ortsgruppe eingeschlichen? Wollte man einen neuen zeitlichen Rekord aufstellen? Oder einfach nur den nächsten Zug nicht versäumen? Selbst unten im traditionell gatschigen Weg wurden ahnungslose Teilnehmer überholt. Es war fast gefährlich, denn man konnte im Gatsch leicht ausrutschen und die Hose „umfärben“. Erst bei der nächsten Pause bremsten wir uns ein und Walter meinte: „Heit hobn sie mi so getriebn. Jetzt was i endlich, zu wos für ane Höchstleistungen i fähig bin“. Schade nur, dass dies die Stammcrew nicht miterlebt hatte. Das glaubt uns keiner.
Wir waren schon in der Endphase, als wir in Pflausach eine Geländekuppe überquerten und Sörg (840m) vor uns lag. Hansi träumte wieder von der Brücke, die er am liebsten benützen wollte, um auf selber Höhe hinüber nach Sörg zu gehen. Keiner hat sie noch gebaut. Dabei hätte eine Seilwinde zum rüber rutschen auch schon gereicht. Wie man in Sörg dann abbremst, steht in der Gebrauchsanweisung vom VBL. Es waren Träume, die jeden Wanderer im Zuge der körperlichen Strapazen kommen können. Und so blieb uns nichts anderes übrig, als bergab und am Gegenhang wieder bergauf zu gehen. C’est la vie!
Heit bin i schmerzunempfindlich“, meinte Walter in Sörg, als er sich zum Schutz vor dem Wind neben der Mauer in die Brennesel legte. Anita S traf ebenso einen Bekannten, während Hansi in seinen mitgeschriebenen Zeiten nach der verlorenen halben Stunde suchte. Dem fortgeschrittenen Tag war dies mittlerweile eh schon egal. „Fohr ma“, hieß es um 13:37 Uhr, als unsere letzte Stunde eingeläutet wurde. Doch schon nach wenigen Sekunden hieß es für mich wieder „Stop“, denn ich schleppte ja schon 1 kg Zuckerl in meinem Rucksack herum. Wie vor zwei Jahren begann ich ab Sörg mit dem Brauch, damit die Kinder am letzten Abschnitt auch noch etwas davon haben. Doch heuer waren nicht nur weniger Teilnehmer unter den Wanderern, sondern auch unter den Bambinis. Und so blieben mir am Laurenziberg einige Zuckerl übrig. Doch ich hatte Glück, denn am Abstieg fragten mich noch zwei Mädchen nach ein paar Zuckerl. Ich gab ihnen alle restlichen. Gott sei Dank!
Schau de gehen noch imma zu Fuaß“, mussten wir feststellen, als wir 3 Jugendliche bloßfüßig vor uns wandern sahen. Auch wenn der Schuh „störte“, das Risiko krank zu werden, wäre mir das nicht wert. Aber junge Leute denken anders, dass muss ich schön langsam lernen, wenn man auf den 40er zugeht. Dann war es geschafft! Pünktlich, nach 14:35 Stunden erreichten wir die Kirche am Laurenziberg. Der VBL 2005 war bei trockenem Wetter zu Ende gegangen. Jetzt freuten wir uns nur mehr auf eine Pizza in St.Veit, die Rückfahrt nach Hause, die warme Dusche bzw. Bad und ein Bett. Fazit: Wir hätten uns mehr Teilnehmer erwartet. Schade! Doch eines ist klar: Solange die Vierbergler gehen, bleibt das Land bzw. die Gruppe bestehen. In diesem Sinne: Berg frei!

(Bericht von Thomas)

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